Die Einkommensteuer auf Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit (die so genannte Lohnsteuer) wird in Deutschland im Wege des Quellensteuerabzugs erhoben. Die Steuer führt somit nicht der Steuerpflichtige an das Finanzamt ab, sondern der Arbeitgeber. Für diesen entsteht dadurch allerdings ein hoher Verwaltungsaufwand, der seitens des Gesetzgebers folglich durch ein besonders gestaltetes Erhebungsverfahren minimiert werden muss. Dafür kennt das geltende Steuerrecht die Institution der Lohnsteuerklasse. Diese vereinfacht die Findung des richtigen Tarifs. Denn der Arbeitgeber muss nunmehr lediglich den Lohn des steuerpflichtigen Arbeitnehmers in einer amtlichen Tabelle nachschlagen und in einer Spalte die entsprechende Lohnsteuerklasse heraussuchen um die endgültige Steuerbelastung zu ermitteln.
Das Einkommensteuerrecht in seiner geltenden Fassung kennt derzeit sechs verschiedene Steuerklassen. Dabei richtet sich die Einteilung des Steuerpflichtigen in die Steuerklasse nach dessen persönlichen Umständen. So wird etwa eine ledige und alleinstehende Person automatisch nach der Steuerklasse 1 besteuert. Der Tarif ist hier am höchsten, da der Gesetzgeber eventuelle Aufwendungen des steuerpflichtigen Arbeitnehmers für unterhaltspflichtige Personen oder derartige Kosten nicht berücksichtigen muss. Demnach sind neben ledigen Arbeitnehmer auch Verheiratete mit im Ausland lebenden Ehegatten, Verheiratete, die dauernd getrennt leben und in eingetragener Lebenspartnerschaft lebende in die Steuerklasse 1 einzutragen. Ebenfalls zu dieser Gruppe gehören Verwitwete und Geschiedene. Dabei kann die automatische Eintragung in die Lohnsteuerklasse 1 in der Praxis auch deutliche Nachteile für den steuerpflichtigen Arbeitnehmer entfalten.
Denn er wird von Amts wegen immer dann in die Lohnsteuerklasse 1 eingetragen, wenn dem Finanzamt keine Informationen über anders lautende Umstände vorliegen. So wird etwa ein alleinstehender Arbeitnehmer mit mindestens einem im Haushalt gemeldeten Kind in die Lohnsteuerklasse 2 eingetragen. Die Steuerbelastung ist hier entsprechend geringer, da der Steuerpflichtige ebenfalls die Unterhaltskosten des Kindes tragen muss. Erhält nun ein alleinstehender steuerpflichtiger Arbeitnehmer das alleinige Sorgerecht für ein Kind, zum Beispiel aus einer geschiedenen Ehe, wäre er grundsätzlich aus der Steuerklasse 1 auszutragen und in Steuerklasse 2 einzutragen. Dies hätte maßgebende Wirkung für das endgültige Steuervolumen. Problematisch ist insofern nur, dass das zuständige Finanzamt, welches kraft behördlicher Zuständigkeit für die Änderung auf der Lohnsteuerkarte zuständig wäre, regelmäßig keine Kenntnis von der Änderung der Umstände erhalten wird.
Zwar besteht zwischen Meldeämtern und Finanzämter ein reger Kontakt durch so genannte Kontrollmitteilungen, es ist jedoch in der Praxis selten der Fall, dass diese eine derartige Änderung tatsächlich erfassen. Viel eher wird der Steuerpflichtige bei dem zuständigen Finanzamt einen Antrag auch Wechsel der Lohnsteuerklasse stellen müssen. Die Bearbeitung des Antrags kann jedoch aufgrund des behördlichen Verwaltungsaufwands zeitintensiv werden. In der Praxis wird den steuerpflichtigen Arbeitnehmern daher geraten, sich bereits dann um einen Wechsel der Lohnsteuerklasse zu bemühen, wenn das entscheidende Ereignis, also etwa die Erlangung des alleinigen Sorgerechts, bereits hinreichend fest steht und zeitlich konkretisierbar ist.