Bedingungsloses Grundeinkommen für alle?

Bedingungsloses Grundeinkommen für alle?

Soziale Sicherung oder Aufforderung zum Nichtstun? Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens, mit dem die Lebensnotwendigkeiten abgedeckt werden können, ist nicht neu, aber die Debatte hat in den vergangenen Jahren an Intensität gewonnen. In Finnland und Kanada laufen erste Pilotprojekte, und die Schweizer Bürger haben sogar schon eine offizielle Abstimmung hinter sich. Landesweit stimmten insgesamt 23,1 Prozent der zur Wahlurne gegangenen Bürger dafür - 568.905 Menschen. In Basel-Stadt waren es sogar 36 Prozent, und im Jura sowie im Kanton Waadt stimmten in drei Gemeinden die Mehrheit der Wähler für das bedingungslose Grundeinkommen.

Die Idee ist, dass alle Erwachsenen unabhängig von ihrer finanziellen Situation die gleiche Summe bekommen sollen, von der sie ihr Leben bestreiten können. Im Gespräch sind in Deutschland um die 1000 Euro. Wer hinzuverdient, zahlt auf das zusätzliche Einkommen Steuern. Dafür fallen andere Stützen wie Arbeitslosengeld 1, Hartz IV und ähnliches weg, und die Bürokratie mit ihren Verwaltungskosten wird reduziert. Das soll zum einen den Bürgen ermöglichen, Arbeit abzulehnen, die sie mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können, und zum andere Kreativität und Talente fördern, die sonst im täglichen Erwerbskampf oft brachliegen. Außerdem soll so die drohende Armutsfalle für Langzeitarbeitslose, Niedriglöhner und von der zunehmenden Automatisierung bedrohte Männer und Frauen beseitigt werden.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) wirbt deshalb dafür, Hartz IV abzuschaffen und stattdessen ein soziales Grundeinkommen sowie gemeinnützige Arbeit einzuführen. Darunter versteht er aus Steuern finanzierte Arbeitsangebote für Arbeitslose in der kommunalen Daseinsvorsorge, zum Beispiel als Hilfe für Alleinerziehende, in ihrer Mobilität beschränkte Menschen und in der Flüchtlingshilfe.

Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung wären zu den Kosten für Hartz IV bei 150.000 Fällen zusätzliche 750 Millionen Euro pro Jahr fällig - laut Müller wäre das nur ein Teil der von Union und SPD vorgesehenen vier Milliarden Euro für ein soziales Arbeitsmarktprogramm für 150.000 Arbeitslose. Gegner sehen in einem bedingungslosen Grundeinkommen eine Belastung des Sozialstaats. Außerdem würde die Motivation zur Annahme von Niedriglohnjobs wegfallen. Die Gewerkschaften lehnen die Idee als Fehlorientierung und Stillhalteprämie an. Zum Teil liegt das auch daran, dass sie eine Entkoppelung von Arbeit und Entlohnung sehen, wenn dank der Absicherung durch ein Grundeinkommen Arbeitnehmer für Billiglöhne argumentieren können, um mit dem Ausland zu konkurrieren.

In Finnland erhalten seit Anfang 2017 2.000 zufällig ausgewählte Arbeitslose ein Grundeinkommen in Höhe von monatlich 560 Euro. Das Pilotprojekt läuft im Januar 2019 aus und soll nicht erweitert werden. Auswertungen stehen noch aus. In der Bundesrepublik haben seit 2008 insgesamt 18,2 Millionen Menschen Hartz IV bekommen. Davon waren 5,47 Millionen Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren. Im Schnitt war damit jeder zehnte Haushalt in den vergangenen Jahren von Hartz IV betroffen.

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