Noch vor Jahren mussten Bauherren, die den Bau ihres Hauses finanzieren wollten, mindestens 20% Eigenkapital vorweisen. Dieses konnte entweder durch Sparguthaben, Eigenleistungen oder sogar durch die Eigenheimzulage eingebracht werden. Gleiches galt für Haus- oder Wohnungskäufer. Der Grund hierfür lag in der Bewertung der Objekte. Diese wurden generell mit einem Sicherheitsabschlag von 20% belegt, wodurch der Beleihungswert deutlich niedriger als der tatsächliche Verkehrswert lag. Die Anwendung des Sicherheitsabschlages ist auch heute noch gängige Praxis. Sie dient dazu, die Risiken eines Baufinanzierungsdarlehens einschätzen zu können. Je höher die Kreditsumme im Vergleich zum Beleihungswert, den die Bank errechnet hat, ist, desto risikoreicher ist der Kredit einzuschätzen. Der Grund hierfür ist, dass im Fall einer Versteigerung in den meisten Fällen nur ein sehr geringer Wert erzielt werden kann, der bei hoher Kreditvergabe oft nicht für die Tilgung des Kredites ausreicht.
Darlehen, die lediglich bis zu 60% des Beleihungswertes vergeben werden, werden in der Fachsprache erstrangige Darlehen genannt. Die Höhe des Darlehens im Verhältnis zum Beleihungswert spielt vielfach eine Rolle. So müssen die Banken für risikoreichere Darlehen, also Darlehen, die nicht erstrangig besichert sind, höhere Rückstellungen bilden, wodurch zusätzliche Kosten entstehen. Diese Kosten werden natürlich den Kunden auferlegt, der daher einen höheren Zins zu zahlen hat. Durchschnittlich beträgt der Aufschlag für Darlehen zwischen 60-80% des Beleihungswertes zwischen 0,4-0,6% auf den ursprünglichen Darlehenszinssatz, für Darlehen die zwischen 80-100% des Beleihungswertes liegen, werden vielfach sogar 0,8% Aufschlag fällig.
Sofern der Kunde sogar mehr als 100% des Beleihungswertes finanzieren möchte (etwa auch die Notar- und Grundbuchkosten sowie die Maklergebühren), liegen die Zinssätze noch höher. Somit müssen Bauherren, die ihre Finanzierung komplett ohne Eigenkapital oder Eigenleistungen durchführen wollen, mit deutlich höheren Zinssätzen rechnen. Ein Aufschlag von 0,8% zum Beispiel würde bei einer Darlehenssumme von 200.000 Euro immerhin 1.600 Euro pro Jahr ausmachen. Gerechnet auf eine Darlehenslaufzeit von 25-30 Jahren kommen so schnell mehrere Tausend Euro zusammen. Vor allem jungen Familien fällt es schwer, das notwendige Eigenkapital für ihre Finanzierung anzusparen, auch die Eigenheimzulage gibt es mittlerweile nicht mehr. Bei der o.g. Finanzierung von 200.000 Euro wären immerhin 40.000 Euro notwendig.
Somit sind sie gezwungen, den kompletten Kauf- oder Baupreis zu finanzieren. Durch diese höhere Finanzierungssumme ist die Belastung ohnehin bereits höher, die erhöhten Zinssätze erhöhen das Problem zusätzlich. Die zusätzlich aufgenommenen 40.000 Euro belasten eine Familie bei einem Zins von 5% p.a. und einer Tilgung von 1% p.a. immerhin zusätzlich mit 200 Euro pro Monat. Somit kann es bei 100%-Finanzierungen dazu kommen, dass die hohe Kreditrate zwar in der aktuellen finanziellen Situation zu tragen ist, bei kleinen Veränderungen hingegen bereits Probleme auftreten können. Daher sollten Kreditnehmer immer eventuelle Veränderungen im Leben bedenken (zum Beispiel eine Schwangerschaft) und die Kreditrate entsprechend festlegen. Auch sollte bei solchen Finanzierungen immer an die finanzielle Absicherung der Familie gedacht werden, Berufsunfähigkeits- sowie Lebensversicherungen sind daher notwendig.